Wir kommen nicht umhin, eine TRIGGERWARNUNG!! voranzustellen:
Im Folgenden werden teilweise schockierende Bilder mangelnder Hygiene und der Missachtung des Tierwohles dargestellt. Menschen, die nicht wissen wollen, wie das Fleisch in die Kühltheke kommt und Connaisseure, die bei der Herstellung von Wein an aseptische Umgebungen glauben, sollten den Artikel eventuell lesen, aber AUF KEINEN FALL die Bilder betrachten.
😉
So, jetzt aber…
Kachetien im Osten des Landes ist eines von vier großen Weinbaugebieten Georgiens, dessen Weinkultur bereits seit ca. 8.000 Jahren existiert. Somit ist anerkannt, dass Georgien als Wiege des kultivierten Weinbaus bezeichnet werden kann.
Bis 2007/2008 war Russland der größte Abnehmer georgischen Weines, durch Boykott-Erlasse und den kaukasischen Krieg war diesem Wirtschaftszweig plötzlich der größte Abnehmer verloren gegangen. Nach einem starken Rückgang der Produktion bildeten sich zwei Strategien der Weingüter heraus: Ein Teil setzte darauf, mit den auch im Westen bekannten Weinsorten wie z.B. Merlot gefällige Weine europäischer Machart zu produzieren. Andere Erzeuger verschrieben sich der Stärkung traditioneller Methoden der Weinherstellung mit den in Georgien autochthonen Rebsorten.
Bevor es überhaupt zur Weinprobe kommt, stellen wir fest, dass wir Mitteleuropäer die Namen dieser Sorten nur während oder nach einer ausführlichen Verkostung aussprechen können. Hier ein paar Beispiele (bitte selbst laut vorlesen 😁): Tschninuri, Tschchaweri, Goruli Mzwane, Dswelschwari Obtschuri, Katschitschi, Chichwi, Mudschuretuli, Odschaleschi, Rkaziteli…

Die Weinherstellung nach traditioneller Art erfolgt unter Verwendung großer Tonamphoren mit bis zu 2.000 Litern Fassungsvermögen, die in die Erde eingegraben werden. In diesen Gefäßen – Qvevri genannt – reift der Wein bis zur Abfüllung heran.

Ihr wisst ja, dass wir gerne was zum Klugscheissen liefern. Hier also wieder etwas, das Ihr bei Gelegenheit zum Besten geben könnt: Wie auf dem letzten Bild zu sehen, waren wir bei einem Weingut namens „Ibero“ zu Gast. Auf die verwunderte Frage unsererseits, was er denn mit den Spaniern zu tun habe, antwortete er, dass die alten Griechen den Volksstamm der Georgier als kaukasische Iberer bezeichnet haben (warum auch immer, sie haben nichts mit den Iberern der westeuropäischen Halbinsel zu tun).


Bei der ausführlichen Weinprobe (🤪), zu der auch noch leckere Happen gereicht wurden, konnten wir einen guten Querschnitt georgischer Weine verkosten. Wir haben gelernt, dass georgischer Weißwein nicht gekühlt, sondern bei 14 – 16 Grad getrunken wird. Das Ergebnis: Einige Sorten haben uns richtig gut geschmeckt, andere Weine wollten wir dann doch nicht mitnehmen.
Und wie es der Zufall will, so hatten wir noch Gelegenheit, bei einem privaten Weinbauern an der Weinlese und dem anschließenden Fest, der Supra, teilzunehmen. Und somit wurden wir Zeugen eines Rituals, das seit Generationen nahezu unverändert die Feierlichkeiten bestimmt.






Bei der Supra kommen alle Helfer und Familienangehörigen zusammen. Der Tisch biegt sich unter der Last der verschiedenen Speisen und traditionell wird die frisch geschlachtete Ziege zum Teil in einem Schmortopf zubereitet, der andere Teil kommt auf den Grill.

Nun beginnt die Zeremonie:
- Der rhetorisch gewandteste Gast bekommt als „Tamada“ den Ehrenplatz am Kopf der Tafel.
- Seine Aufgabe ist es nun, Trinksprüche zu präsentieren. Dabei wird zunächst die Gastgeberfamilie erwähnt, dann wird Gott gedankt, später den Lebenden, dann den Verstorbenen der anwesenden Familien. Dann ist die Ernte dran, die Häuser, der Wohlstand, die Gesundheit und, und, und…
- Während eines Trinkspruches stehen die Männer auf, die Frauen dürfen sitzenbleiben.
- Niemand trinkt, bis der Tamada seinen Trinkspruch beendet hat. Das kann im Lauf des Abends durchaus mal länger dauern, da irgendwann die Textsicherheit nachlässt.
- Wenn der Tamada schlussendlich selbst das Glas an den Mund setzt, dürfen alle trinken. Früher wurde das volle Weinglas auf Ex getrunken, das muss heute nicht mehr so sein.
- Sollte dem Gastgeber nicht auffallen, dass das Weinglas eines Gastes weniger als die Hälfte des alkoholischen Getränkes enthält, so ist das eine protokollarische Peinlichkeit, die unter Erbietung sämtlicher Entschuldigungen beseitigt wird, indem das Glas wieder bis zum Rand gefüllt wird.



So, und was hat das jetzt alles mit Bachmelia zu tun? Das ist der georgische Begriff für das schwere Gefühl im Kopf, das am nächsten Tag der Beweis ist, an einem herzlichen, ausgelassenen, traditionellen und leibhaftigen Fest teilgenommen zu haben.
Nachdem wir den georgischen Kater aus unseren Körpern vertrieben hatten, ließen wir die Weingegend hinter uns und wandten uns neuen Gegenden zu.
Und schon wieder gibt es Stoff für eine weitere Geschichte, die wir beim nächsten Mal zum Besten geben.
Habt bis dahin eine gute Zeit!
Wir, als Mosel-Lesehelfer, sind stolz auf euch!
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Dankeschön, es war ein tolles Erlebnis. Und wir konnten am Schluss der Feier die Namen der Rebsorten fehlerfrei aussprechen. Glauben wir jedenfalls 😵💫
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Legger!🥴
Haben denn Abstehohrwilli und Monchichiwilli die Trauben nicht mit den blanken Füssen 🦶🏼🦶🏼zertreten? Für‘s würzige Aroma…👌🏻
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Das wird natürlich auch praktiziert. Aber in diesem Fall blieben die Schuhe an 😌.
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